Pferdemarkt in Abtenau – Gevatter Tod ist wie immer mit dabei!

 

Bericht von RespekTiere e.V.

Es ist ein ruhiger, sonniger Morgen im vom Strom der Geschichte etwas entlegenen Abtenau, hier auf über 700 Meter Seehöhe inmitten der Tennengauer Berge. Noch immer ist es viel zu warm für die Jahreszeit, ja für heute – Ende September, vergessen wir es nicht – sind sogar Topwerte von über 30 Grad angekündigt. Dennoch, blickt man auf die nebelverhangenen Gipfel ringsum, so wird die leise Ahnung vom herannahenden Herbst rasch vom vorsichtigen Instinkt hin zur Tatsächlichkeit, zur Realität geschoben.

Während der Ort selbst mit seinen rund 5 800 EinwohnerInnen noch im Halbschlaf zu liegen scheint, ist die Situation am Tal-Ende, rund um die Abtenauer Bergbahnen und vor der idyllischen Kulisse des Gebirgszuges, eine gänzlich andere. Der ‚Rösslmarkt‘ öffnet wieder seine Pforten, eine traditionelle Veranstaltung, welche Jahr für Jahr tausende ZuseherInnen von nah und fern anlockt. Warum das so ist, ist leicht definiert: Verklärte Landleben-Phantasien werden bewusst oder unbewusst bedient, Gemütlichkeit und Tradition wird versprochen, eine verklärte Bauernhofromantik.

Was die Menschen, meist TouristInnen, schlechtestenfalls weniger interessiert, oder sie bestenfalls vielleicht gar nicht wissen (oder oft nicht wissen möchten), ist die unumstößliche Tatsache, dass hier aber vor allem eines getan wird: nämlich mit Leben geschachert, und zwar auf brutalste Art und Weise. Ja, es ist tatsächlich ein Spiel auf Leben und Tod, denn Zuchtkriterien und der allmächtige Euro bestimmen ab jetzt die oft so traurige Zukunft der Jungtiere. Man mag es erahnen, sie hat sich wieder eingefunden, die eingeschworene Gemeinschaft von Pferdezüchtern und Pferdehändlern, um Existenzen zu kaufen und zu verkaufen, ungeachtet der späteren Schicksalsbestimmung und der fatalen Auswirkung dieser Geschäfte auf das geknechtete Mitgeschöpf.

Keine Frage, viele der hier ausgestellten Jungtiere sind unweigerlich zum Tode verurteilt, nur wenige und besonders ‚schöne’ (wobei Schönheit doch immer nur eine menschliche Definition nach dessen Spielregeln darstellt…) ‚Elitetiere’ werden die nächsten Wochen weiterleben, allerdings nur, um dann den grausamen Kreislauf als Zuchtmaschinen von vorne zu starten.

Auf die anderen wartet ein noch grausameres Schicksal – ihre Fahrt im Tiertransporter, entrissen einer weinenden Mutter, hilflos gefesselt, die verzweifelten Schreie ungehört, wird gleichzeitig ihre letzte sein, sie mündet direkt in eine Mastanstalt oder in den Schlachthof. Von einer Sekunde auf die nächste jäh entführt aus einer brüchigen Idylle, eines gläsernen Romantik-Gedankens eingewoben im rosa Nebel der Legende, welcher aber sowieso nur noch in den Köpfen besonders leichtgläubiger ZeitgenossInnen Halt finden hatte gekonnt; überall sonst bröckeln die Ufer, ständig umspült von einem reißenden Strom der Erinnerung, einem Meer aus Blut, welches fortwährend an seinen Küsten knabbert und letztendlich nur eine einzig wahre Einsicht zurücklässt: diese herzallerliebsten Geschöpfe wurden nur aus dem Grunde geboren, nämlich um die plakativen Urlaubsphantasien einiger Stadtflüchtlinge zu bedienen, als Werbebotschaft einer längst nicht mehr existenten ‚Heilen Welt’, um dann jedoch ansatzlos als ungeliebte ‚Mitesser’ im Herbst der Mutter entrissen, in die Arenen der Pferdezucht-Verbände gekarrt und einem schrecklichen Sterben ausgeliefert zu werden; von wem? Von jenem Wesen, welches einst vorspielte sein Freund und Beschützer zu sein! Der Lauf der Welt, gefangen im Mühlrad der Tradition der bäuerlichen Interessen?

So einfach ist die Antwort nicht; der menschliche Geist ist ausgestattet mit einem weiten Gefühlsspektrum, besonders aber mit einem nicht zu betrügendem Gewissen – und dieses verlangt nach Verantwortung für jedes Leben, welches man in diese Welt setzt, auch für jenes, dass man zeugen lässt. Haben wir uns von Nächstenliebe und Güte, und sei diese dann auch ‚nur‘ auf eine andere Spezies ausgeweitet, so weit entfernt, dass bloss ein hohler Wortlaut, eine sinnentleerte Hülse, davon übrigbleibt, dann dürfen wir das ohne jeden Zweifel als Verrat bezeichnen – als Verrat am Leben selbst!

So konnten die erstaunten PassantInnen am ‚Fest’gelände wieder Gevatter Tod sehen, ein Transparent mit der Aufschrift ‚Pferdehändler/Seelenfänger! Rösslmarkt/Todesmarkt‘ im Hintergrund wehend. Der Knochige, am Zugang zur Versteigerungsarena positioniert, hielt vor sich ein Schild, ‚WELCOME TO MY PARADISE‘ war darauf zu lesen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen …