Der langsame Untergang der Freiheit (1)

Im Übrigen werden Freiheit und andere wohlklingende Begriffe zum Vorwand genommen; denn keiner hat je Macht durch Unterwerfung anderer angestrebt, ohne eben diese Schlagwörter zu verwenden. (Tacitus, Historiae 4. 73,3)

Ausgangslage

Das Ziel allen staatlichen Handelns ist nicht die Wohlfahrt seiner Bürger. Dies ist Vorwand und allenfalls Nebenbedingung. Das Ziel staatlichen Handelns ist der Machterhalt der herrschenden Strukturen und deren Nutzenmaximierung. Bevölkerung und Einzelindividuum sind lediglich nutzbare und benutzbare Objekte zur Zielerreichung.

Die herrschenden Machtstrukturen der Parteien verkörpern primär die Regierungsparteien mit ihren tiefen und weitverzweigten Verästelungen in sämtliche entscheidungsrelevanten staatlichen Organisationseinheiten, wie beispielsweise Behörden, Polizei, Justiz, Geheimdienst sowie besonders in das Militär. Das herrschende Recht ist immer das Recht der Herrschenden. Vor dem Spiegel der Geschichte ist es aber oftmals das größte Unrecht gewesen.

Desweiteren laufen die Fäden unübersehbar, aber trotzdem subtil, in externe Organisationsstrukturen der Wirtschaft, der Kirchen und der Medien, die meist zielsynchron, da abhängig, zu den Regierungsparteien agieren.

Allen beschriebenen Bereichen ist gemeinsam, dass sie versuchen – wenn auch aus unterschiedlichen Motivlagen heraus – die Masse der Bevölkerung nach einer gemeinsamen Handlungsmaxime zu steuern, deren Optimum wie folgt lautet: Wir müssen die Menschen so lenken, dass sie freiwillig und unbewusst das wollen, was sie zu unserer Zielerreichung tun sollen.

Es bestehen zwei grundsätzliche Möglichkeiten, die Maxime umzusetzen.

Zum einen, überwiegend in der Wirtschaft eingesetzt, durch sehr häufig wiederholende suggestive Werbung, die ein bestimmtes Lebensgefühl oder eine Gruppenzugehörigkeit bei Kauf eines bestimmten Produktes versprechen.

Die zweite Methode ist die Erzeugung einer diffusen Unsicherheit bis hin zur Angst, wenn der Betroffene eine Handlung unterlässt. Dieser Weg ist die Standardmethode der monotheistischen Religionen, die seit Jahrhunderten mit Jenseitsversprechen und Jenseitsangst die Menschen „gläubig“ machen.

Zahlreiche Mischformen dieser zwei Methoden existieren sowohl in der Wirtschaft als auch, von den Medien forciert, in den Religionsgemeinschaften. Beide Methoden in voller Konsequenz und Stringenz können allerdings nur staatliche Institutionen einsetzen – was sie auch mit größter Zielstrebigkeit tun.

Konturen einer Ethik für freie Geister (1)

Ich habe mich niemals darum bemüht, den Leuten zu gefallen. Denn was ihnen gefiel, habe ich nicht gelernt und was ich mir angeeignet habe, das lag weitab vom Begreifen der Leute. (Epikur, Brief an einen unbekannten Adressaten)

Vorbemerkung:

Dieser Text folgt in seinem Aufbau dem „Katechismus“ von Epikur. Ich verspreche mir von dieser Struktur ein Mehrfaches. Zum einen ermöglicht es, die Kernthesen des Gedankengebäudes schnell zu repetieren, zu ruminieren und damit im täglichen Leben präsent zu halten; insofern greife ich die Tradition der praktischen Philosophie als Vademecum des Alltags wieder auf. Zum anderen vermeidet diese Art der Darstellung, in Erklärungen und Wortdrechseleien zu verflachen. Der völlige Verzicht auf füllende Erklärungen behindert gewollt ein schnelles, ein oberflächliches Lesen und fordert eine breite Wissensbasis als Voraussetzung.

Die Möglichkeit, die angesprochenen Gedanken durch eigene Erkenntnisse zu erweitern, zu vervollkommnen ist damit erhalten, gar vergrößert; der Text mag somit nur als Wegweiser verstanden sein. Mögen andere mit größerer Fähigkeit und Kraft die Thesen ergänzen, verbessern, verkünden – ich habe sie letztlich für mich geschrieben. Die Sentenzen möchte ich auch als offenes, als lebendes Traktat verstanden wissen, als eine Schrift, die sich im Zeitablauf bei veränderter Sichtweise weiterentwickeln kann und verändern soll.

Nahezu alle Gedanken sind an der einen oder anderen Stelle in der Philosophiegeschichte partiell gedacht worden; das möchte ich in aller Redlichkeit, aber auch Dankbarkeit vermerken. Ich aber habe versucht, diese Überlegungen in ein neues, stringentes Gebäude einzufügen, das dem bisherigen Denken eine andere Sichtweise, eine andere Relation, eine andere Wahrheit entgegenstellt.

Die Grenzen der vermeintlichen Bedeutung von Leben schlechthin sollen vor einem absoluten Hintergrund beleuchtet werden. Die Gleichwertigkeit jeglichen Lebens wird postuliert, der Mensch vom Sockel der Einmaligkeit gestürzt, die Tierwelt als ebenbürtiger Bestandteil in eine umfassende Ethik der Leidensminimierung einbezogen.

Diese universelle Sichtweise fordert aber tiefe Selbsterkenntnis – ja sogar tiefe Demut – und kann vermutlich nur von denen verstanden werden, die vergleichbare Gedanken selbst bereits geahnt und gefühlt haben.

Ich wende mich also nur an die Wenigsten, an die Minorität der Erkenntniswilligen, an den Orden der ungebundenen Geister, an diejenigen, die der menschlichen Hybris abgeschworen haben.

Abseits des leeren Zeitgeschwätzes von Politik, Wirtschaft und täglichen Konflikten wollte ich eine Ruhezone, ein Reservat, vielleicht sogar eine Fluchtburg schaffen, wo man ohne mystische Gaukeleien, sondern allein mit Logik, Vernunft und Mut zur Erkenntnis dem eisigen Wind des Seins und seiner Belanglosigkeit trotzen kann.

Die Freiheit dieses Weges ist ungeheuer, ebenso die Einsamkeit. Aber was liegt an einer Gesellschaft, deren Sprache ich nicht spreche, was liegt an Begleitern, die mich nicht verstehen können oder nicht verstehen wollen.

(Fortsetzung am nächsten Sonntag ….. )

Dr. Gunter Bleibohm: Die Frage des Warum

 

Das Universum entstand vor ca. 13, 7 Milliarden Jahren.

Ein Schöpfergott müsste demnach vor der Entstehung des Universums existiert haben. Wie lange vorher bleibt im unbekannten Bereich, ebenso sein Beweggrund, überhaupt ein Universum zu kreieren. War es Langeweile, war er woanders – ein Multiversum unterstellt – tätig, war es Experimentierfreude oder nur ein Zufallsergebnis? Wäre Gott überhaupt für den Menschen erkennbar, denn wenn ein Gott existiert, ist er für den Menschen auf Grund seiner dreidimensionalen Begrenztheit unerkennbar, denn wer die dritte Dimension – und die Kosmologie kennt höhere Dimensionen – schafft, muss mindestens einer höheren, dem Menschen unzugänglichen Dimension, angehören.

Ignoramus, ignorabimus – wir wissen es nicht und werden es nicht wissen!

Tatsache hingegen ist, dass er – si esset – 9 Milliarden Jahre sich mit einem unbelebten Weltall zufrieden gab, bis ihm dann vor ca. 4,7 Milliarden Jahren die Idee kam, im Seitenarm einer unbedeutenden Galaxie ein winziges Weltraumpartikel – „Erde“ später genannt – zu schaffen, um dort das fatale Experiment des Lebens durchzuführen.

Auch hier bleiben die gleichen Fragen wie zuvor, denn wozu waren 9 Milliarden Jahre Pause erforderlich? Und anschließend vergingen nochmal weitere 4,7 Milliarden Jahre, bis er ausgerechnet diesen Miniplaneten zur Offenlegung seiner eigenen Existenz durch zahllose, sich widersprechende Propheten und als Erscheinungsort seines Sohnes als Erlöser der Menschheit erwählte? Aber warum muss der Mensch überhaupt erlöst werden, von was erlöst und wenn Erlösung aus göttlicher Sicht erforderlich ist, warum wurde der Mensch nicht gleich erlöst konzipiert?

Kaum vorstellbar, kaum glaublich! Bereits Kaiser Friedrich II hatte diese Chimäre durchschaut, denn Papst Gregor IX warf ihm in einem Schreiben vom 21.5.1239 vor, Friedrich II solle gesagt haben: „… von drei Schwindlern, nämlich Jesus Christus, Moses und Mohammed sei die ganze Welt betrogen worden.“

Überträgt man die eigentümliche Offenbarung der Gottesexistenz ins Universelle, ergibt sich nachstehender Fragenkomplex:

Angenommen, dass es außerhalb der Erde weitere Planeten gibt, auf denen unserer Welt vergleichbares Leben und Lebensformen existieren, hat dorthin Gott auch seinen Sohn als Erlöser geschickt? Gibt es dann mehrere Erlöser im Universum und wenn ja, sind es immer die gleichen oder ist es jedes Mal ein anderer Sohn?

Reduziert man die Gottesmöglichkeit auf die Gegebenheiten der Erde, drängt sich die Überlegung auf, warum alle Spezies – außer dem Menschen – in Unkenntnis von der Gottesexistenz gelassen wurde. Bei keinem Tier, von der Bakterie bis zum Spatz, vom Hering bis zur Qualle ist das Vorhandensein einer Gottesexistenz zu beobachten, allerdings auch nicht das Bedürfnis danach. Wenn es Gott gibt, warum verbirgt er sich dann vor der Majorität seiner Wesen in der Anonymität, lässt sie nicht teilhaben an seinem Wissen, seiner Zuwendung? Oder weiter gefragt, ist das überhaupt ein liebender, ein mitfühlender, ein vernünftiger Gott, der seine Spezies nur erschafft, damit sie sich zum Überleben gegenseitig auffressen müssen und eine Spezies – den Menschen – allen anderen Wesen überordnet?