Aus dem Buch von Dr. Gunter Bleibohm: „Die Seelenverkäufer“
Schächten
Definition: Im Judentum und im Islam versteht man unter Schächten das rituelle Schlachten von Tieren (vorwiegend Schafe und Rinder), bei dem den gefesselten und niedergeworfenen Tieren mit einem mehr oder minder scharfen Messer die vordere Halshaut, Halsmuskeln, Speise- und Luftröhre sowie beide Halsschlagadern durchtrennt werden. Bezweckt wird das Ausbluten des Tieres, da der Verzehr von Blut sowohl im Judentum als auch im Islam verboten ist. Die Tötung erfolgt im Judentum unbetäubt; im Islam ist eine elektrische Betäubung nach bestimmten Rechtsschulen zulässig.
Gesetzliche Grundlagen:
Schächten ist in Deutschland grundsätzlich nicht gestattet, da das Tierschutzgesetz § 4 das Schlachten von Wirbeltieren ohne vorherige Betäubung untersagt. Die Einfuhr des Fleisches im Ausland geschächteter Tiere ist dagegen erlaubt.
Töten von Tieren § 4
-
Ein Wirbeltier darf nur unter Betäubung oder sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. Ist die Tötung eines Wirbeltieres ohne Betäubung im Rahmen weidgerechter Ausübung der Jagd oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften zulässig oder erfolgt sie im Rahmen zulässiger Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, so darf die Tötung nur vorgenommen werden, wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen. Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes muss wegen der nach Artikel 4, Grundgesetz, verfassungsmäßig uneingeschränkt gewährten Religions- und Glaubensfreiheit auf Antrag eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden, sofern das Fleisch des getöteten Tieres von Personen verzehrt wird, denen zwingende religiöse Vorschriften den Verzehr des Fleisches nicht geschächteter Tiere verbieten.
§ 4a:
(1) Ein warmblütiges Tier darf nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzugs betäubt worden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 bedarf es keiner Betäubung, wenn 1. sie bei Notschlachtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist, 2. die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) erteilt hat; sie darf die Ausnahmegenehmigung nur insoweit erteilen, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen oder 3. dies als Ausnahme durch Rechtsverordnung nach § 4 b Nr. 3 bestimmt ist.
Anmerkung:
Das Gesetz hinterfragt weder den Sinngehalt der religiösen Regel, noch ist von Wichtigkeit, aus welcher Frühstufe der Menschheitsgeschichte die Anweisung stammt, sondern Bedeutung hat allein, dass die Regel religiös begründet ist. Wahrscheinlich würde aber der parlamentarische und juristische Toleranzanspruch sehr schnell erlöschen, käme eine religiöse Organisation mit einer Offenbarung und einem Gottesbefehl, der fordert, künftig die Erstgeborenen von Politikern und Juristen zu opfern. Aber solange es „nur“ Tiere sind, ist man unendlich weltoffen und tolerant.
Religiöse Grundlagen im Islam
Die Begründung des Schächtens für den Moslem liegt darin, dass im Islam das Blut als Sitz der Seele angesehen wird. Das direkte Verbot steht im Koran, wobei es offenbar mehrere zitierte Versionen dieser Stelle gibt (5. Sure, Vers 3):
„Verboten ist euch das Verendete sowie Blut und Schweinefleisch und das, worüber ein anderer als Allahs Name angerufen wurde; das Erdrosselte, das zu Tode Geschlagene, das zu Tode Gestürzte oder Gestoßene und das, was Raubtiere angefressen haben, außer dem, was ihr geschlachtet habt, ferner das, was auf einem heidnischen Opferstein geschlachtet worden ist, und ferner (ist euch verboten), daß ihr durch Lospfeile das Schicksal zu erkunden sucht. Das ist eine Freveltat. Heute haben die Ungläubigen vor eurem Glauben resigniert; also fürchtet nicht sie, sondern fürchtet Mich. Heute habe Ich euch eure Religion vervollkommnet und Meine Gnade an euch vollendet und euch den Islam zum Glauben erwählt. Wer aber durch Hungersnot gezwungen wird, ohne sündhafte Neigung – so ist Allah Allverzeihend, Barmherzig“.
Im Zusammenhang mit den verschiedenen Glaubensrichtungen innerhalb des Islam ergeben sich zahllose Diskussionen um das Schächten. Während einige religiöse Führer eine Betäubung vor dem Schächten als durchführbar ansehen, wäre dieser Vorgang für andere eine Unterdrückung des Islam. Soweit die offizielle Sprachregelung. Tatsächlich wird aber über den Weg der Glaubensfreiheit ein Marktsegment bedient, das sich aus dem üblichen wirtschaftlichen Wettbewerb der Fleischlobby profitträchtig separieren lässt. Lebensmittelkonzerne wittern einen neuen Milliardenmarkt und dass sich mit dem religiös geprägten Konsumverhalten gut verdienen lässt, erkennen allmählich auch deutsche Unternehmen. „Ibi fas ubi proxima merces – da ist das göttliche Recht, wo der nächste Profit ist“ schrieb Lukan vor 2000 Jahren; „da ist das Tierelend, wo der nächste Profit ist“ die heutige Leitformel des ethischen Untergangs.
Fortsetzung folgt ……