Mit Waffen und vorsätzlich

Von Daniela Böhm

Schreie. Wie die von Kindern, wenn sie vollkommen außer sich sind. Am Himmel tobt ein Unwetter. Es donnert und Blitze schießen durch die hereinbrechende Nacht. Sie fürchten sich zu Tode. Nicht vor dem Gewitter. Sie fürchten sich vor dem Tod. Vor dem Grauen und dem Geruch voller Qual derer, die den Weg vorangingen. Ihre Schreie sind markerschütternd.

Diese Stadt beginnt zu schlafen, tief senkt sich die Nacht herab. Und mit der Dunkelheit beginnt das Morden – mitten in der Stadt. Die Menschen nennen es Töten, denn morden tun sie nur ihresgleichen. Mit Waffen und vorsätzlich – das ist Mord. Doch wo ist der Unterschied zwischen dem, was hier geschieht oder anderswo, unter den Menschen? Beides geschieht vorsätzlich und mit Waffen, die für den Tod erschaffen wurden. Bis in die frühen Morgenstunden passieren schaukelnde Gefängnisse die Einfahrt des Münchner Schlachthofes. Bis in die späten Morgenstunden dauert das Morden.

Hinter einer Mauer, dort, wo das Grauen geschieht, hört man ihre Schreie noch bei Sonnenaufgang. Sie wechseln sich ab mit dem Geräusch der Kreissäge, das der Wind ganz deutlich über diese Mauern aus braunen Ziegelsteinen trägt. Als Bündel voller Angst sind sie in den Schlachthof gekommen – als bleiche, schlaffe Bündel, schaukelnd und in zwei Hälften zerteilt, an einem Haken hängend, verlassen sie diesen Ort des Grauens. Das Unfassbare, das Schreckliche, für immer eingefangen in ihren leblosen Augen, für immer eingebrannt in ihr Fleisch. Manche Schweine mussten ihren Tod bei vollem Bewusstsein erleben. Ihre kindlichen Schreie haben das Herz ihrer Henker nicht erbarmt.

Der heranbrechende Morgen wird von einem heißen Sommertag verdrängt. Die ersten Transporter mit den Rindern sind schon eingefahren. Gestank der Angst, dunkler Kot, der über silbernes Metall rinnt und sich festklebt. Schräg gegenüber sind die großen Waschanlagen, dort werden die Spuren der Angst beseitigt. Noch lange bevor der Kopfschlächter zum Stich ansetzt. In den Treibgassen stehen sie. Und später dann, ab Mittag, in der sengenden Hitze, wartend auf ihren Tod in den fahrbaren Gefängnissen, bevor sie entladen werden. Hilflos – ihre Blicke sind so unendlich hilflos. Doch selbst jetzt spiegelt sich auch die Sanftmut in ihren Augen. Sie stehen in scheinbar endlosen Reihen, eines nach dem anderen. Oft müssen sie lange warten. Es muss schrecklich sein, auf den Tod zu warten. Dafür gibt es keine Worte. Auch sie spüren das Grauen. Sie rufen so verzweifelt, immer und immer wieder. Auch ihre Hilfeschreie trägt der Wind über die Mauern aus braunen Ziegelsteinen – weit in die Stadt hinein, bis sie nur noch ein Flüstern sind.

Die Menschen hören beides nicht – nicht das Flüstern und nicht die Rufe voller Angst. Ihre Ohren sind taub und ihre Herzen blind. Ich sehe ein Rind, das in der Treibgasse ganz vorne steht, genau vor dem Eingang des Todes. Es bewegt seinen Kopf ganz leicht nach links, in einer Geste vollkommener Hilflosigkeit. Als würde es ein letztes Mal auf das Leben schauen, das es jetzt für immer hinter sich lässt. Es gibt keinen Ausweg. Hinter ihm stehen seine Artgenossen und irgendwo hinter ihnen ist eine Eisenstange, die jegliche Flucht unmöglich macht. Es ist dieses Bild und es sind ihre Rufe und die kindlichen Schreie der Schweine, die sich bei der zehnten Mahnwache am Münchner Schlachthof in meine Seele eingebrannt haben.

Jeder kann dieses Grauen, das Tag für Tag, Stunde um Stunde, Minute für Minute und in jeder einzelnen Sekunde auf dieser Erde geschieht, verhindern. Jeder, der weiter Tiere isst, trägt Verantwortung für diese Tragödie. Es ist eine der größten Tragödien in der Weltgeschichte. Doch kein Schulbuch berichtet davon und keine Armee rückt zur Befreiung der Tiere an. Es sind ja nur Tiere …

(c) Daniela Böhm
Quelle: http://www.fellbeisser.net

Wie viel Zeit bleibt uns noch für Toleranz?

Foto: Schwein in KZ-Haltung

Von Daniela Böhm

Kopfschütteln und entsetzte Blicke meines bis dahin mit mir befreundeten Gegenübers im Zugabteil. Meine bissigen Bemerkungen angesichts des mit Fellmütze bekleideten jungen Mannes sind ihm unangenehm, auch wenn derjenige sie gar nicht hört, weil er mit Kopfhörern eingeschlafen in der Ecke kauert. Kurz bevor ich aussteige, wacht er auf. Ich drücke ihm eine Postkarte von http://www.gelabelt.de in die Hand, für die er sich höflich bedankt. Dass diese Postkarte Teil einer Aufklärungskampagne ist, scheint er, schläfrig, wie er noch ist, gar nicht zu bemerken. „Wer Pelz trägt, trägt den Tod“, steht mit großen Buchstaben auf der Vorderseite dieser Karte.

Den Nachhauseweg als auch meinen restlichen Abend verbringe ich grübelnd. Vor allem über das Wort Toleranz und wie weit die meine angesichts der mangelnden Einsicht meiner Mitmenschen und dem daraus resultierenden immensen Tierleid noch geht. Im Cyberspace forsche ich nach der wirklichen Bedeutung dieses Wortes. Toleranz wurde vom lateinischen Wort tolerare abgeleitet und bedeutete ursprünglich erdulden. Wohlgemerkt: Erdulden und nicht dulden. Die heutige Begrifflichkeit von Toleranz bezieht sich jedoch auf Duldsamkeit und Nachsichtigkeit. Ich beschließe das Wort Toleranz im Zusammenhang mit fleischessenden Konsumenten und Pelzträgern aus meinem Wortschatz zu streichen und ersetze es durch das Wort Erdulden.

„Die Dinge brauchen ihre Zeit, ihre Entwicklung. Es sind halt noch nicht alle Menschen bereit, kein Fleisch mehr zu essen. Nach all den Fleischskandalen in jüngster Zeit werden aber sicher wieder ein paar mehr zum Flexitarier, Vegetarier oder Veganer.“ So ähnlich argumentierte mein Mitfahrer im Zug bei unserer anschließenden Diskussion.

Doch wie viel Zeit haben wir noch? Können wir es uns leisten, weiter tolerant zu sein, angesichts der dramatischen Situation in der Massentierhaltung und den damit im Zusammenhang stehenden anhaltenden Hungersnöten in den Entwicklungsländern? Toleranz für die Futtermittelindustrie bei der Abholzung von Regenwäldern? Toleranz für die Konzerne oder Großbauern der qualvollen Massentierbetriebe und der damit einhergehenden Übersäuerung der Böden und zwangsläufigen Verunreinigung des Grundwassers? Toleranz für nicht-nachdenkende Pelzträger bei jährlich 50 Millionen Tieren, die weltweit für die Pelzindustrie getötet werden? Kann ich gegenüber der Uneinsichtigkeit einer noch immer zum Großteil fleischessenden Bevölkerung tolerant sein? Diese Toleranz bedeutet unter dem Strich knapp 100.000 getötete Tiere pro Minute – 50 Milliarden – weltweit – jedes Jahr. Was das Martyrium der Tiere betrifft, ihr Erdulden, als auch die verheerenden Konsequenzen für unseren Planeten, haben wir keine Zeit mehr für Toleranz.

Quelle: http://www.danielaböhm.com

Für Tiere ist jeder Tag ein Karfreitag


Auch wenn Karfreitag und das diesjährige Osterfest längst schon wieder den Strom der Zeit hinuntergeflossen sind, so ist für viele Tiere auch der heutige und jeder andere Tag des Jahres ein Karfeitag der Qual und des Leidens und daher ist und bleibt der nachfolgende Beitrag von Daniela Böhm auch täglich eine aktuelle Anklage gegen fleischkonsumierende Christen sowie auch Nichtchristen:

Von Daniela Böhm

Eine Jahrtausende alte Geschichte, deren Echtheit durchaus bezweifelt werden kann, ist der Grund, warum das Fleisch der Lämmer an Ostern auf den Tellern sowohl gläubiger als auch ungläubiger Menschen landet. Der „Brauch“, an Ostern Lämmer zu schlachten, geht auf das jüdische Pessachfest zurück. Der Überlieferung zufolge befahl Gott seinem Volk, das damals noch unter der Sklavenherrschaft der Ägypter lebte, pro Familie ein Lamm zu schlachten und mit dessen Blut die Pfosten ihrer Häuser zu bestreichen. Sein Zorn sollte in jener Nacht alle Erstgeborenen in Ägypten treffen und töten. Nur die Familien, deren Häuser mit dem Blut der Lämmer gekennzeichnet waren, würden verschont bleiben. Jesus wurde während des Pessachfestes gekreuzigt und so zum Agnus Dei, zum Lamm Gottes, das die Schuld der Welt auf sich nahm.

Für Jesus gab es der christlichen Kirche zufolge die Auferstehung. Für die Lämmer aber gibt es nur den Tod. Das ganze Jahr ist für die sogenannten Nutztiere ein einziger Karfreitag. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, schleppen sie das ihnen vom Menschen auferlegte Kreuz zum Schlachthaus und vergießen ihr Blut für ihn. Solange Menschen, Institutionen und bestimmte Religionen in einem anthropozentrischen Weltbild verhaftet bleiben und sich nicht einem holistischen zuwenden, wird der Leidensweg der Tiere andauern.

„Du sollst nicht morden.“ – den meisten Menschen besser bekannt als „Du sollst nicht töten.“ Aber eben – der Mord bezieht sich laut Kirche nur auf den Menschen und nur dieser hat laut katholischer Lehrmeinung eine unsterbliche Seele. Somit sind die Tiere vom fünften Gebot ausgeschlossen. Tiere haben für die Kirche eine sterbliche Seele, d.h. die Seele stirbt mit dem Tod ihres Körpers. Den Tieren ist der Eintritt ins Himmelreich verwehrt – er bleibt nur dem Menschen vorbehalten.

Am 13. März 2013 wurde Jorge Mario Bergoglio zum neuen Papst gewählt und beruft sich als Erster in der Kirchengeschichte auf den Namen des heiligen Franziskus von Assisi. War dies für die Tiere ein Hoffnungsschimmer am noch weit entfernten Horizont? Bei seinem offiziellen Amtsantritt am 19. März 2013 hatte Papst Franziskus zur Bewahrung der Schöpfung, zur Achtung vor jedem Geschöpf Gottes und der Umwelt aufgerufen.

Bis heute aber hat sich die Hoffnung, dass Papst Franziskus ein Reformer für die Tiere sein wird und ihnen einen Platz im katholischen Glauben einräumt, noch nicht erfüllt. Ein einziger Satz von ihm für die Rechte der Tiere könnte so viel bewirken. Sein Einfluss auf über eine Milliarde Menschen ist ungebrochen und wenn er seine Stimme für die Tiere erheben würde, könnte dies einen wahren Erdrutsch für die kleinen Brüder und Schwestern des Menschen auslösen. Im positiven Sinne.

Wer möchte schon sterben, bevor seine Zeit gekommen ist?

Quelle: http://www.danielaböhm.com


Tierschutz in die Kirchen: Du sollst nicht töten!

Wo bleiben die Kirchen angesichts des verbrecherischen Umgangs mit Tieren?
Sehr eindrucksvolle Demonstration von Schülern aus Köln vor dem Kölner Dom: