Hund „Otto“ und Huhn „Goh-Goh“

Die Geschichte einer Tierfreundschaft

Von Herrn Ulrich Dittmann

Meine Mutter hatte jahrzehntelang immer wieder vier bis fünf Hühner aus den Legebatterien freigekauft. Sie kosteten damals 2,50 bis 3,50 DM „pro Stück“. Die nach 15 Monaten Tier-KZ-Tortur zerquälten Elendsgestalten mauserten sich meist nach wenigen Wochen schon zu zutraulichen Tierpersönlichkeiten, die im kleinen Ställchen und viel Auslauf, von meiner Mutter dann bis zum natürlichen Lebensende liebevoll betreut wurden.

In den letzten Jahren hatte sie wegen zunehmender altersbedingter Probleme keine Tiere mehr dazugekauft, so dass zum Schluss nur noch ein einziges Huhn übrig blieb. Nach dem Tod meiner Mutter nahmen wir diese Henne Goh-Goh – wie sie nach ihren Lautäußerungen genannt wurde – in unsere Obhut. Sie war damals nachweisbar schon 12 Jahre alt, aber trotzdem noch putzmunter.

Auf Rufen kam sie eilfertig wie ein Hündchen folgsam, halb laufend, halb flatternd angehetzt (man könnte ja ein Körnli verpassen !) und war von unglaublich liebenswertem, zutraulichen Charakter, immer bestrebt, möglichst inmitten „ihrer“ Familie zu sein. Größtes Glück war für sie, glucksend und scharrend zwischen den Füßen der menschlichen Zweibeiner bei der Gartenarbeit zu „helfen“, Würmchen zu picken und später dann, in den von der Sonne getrockneten Erdschollen genüsslich ein verdientes Sandbad zu nehmen.

Mit unserem Hund Otto, einem ehemaligen Tierheimbewohner, verstand sich Goh-Goh bereits nach wenigen Tagen des Kennenlernens ganz ausgezeichnet. Sie waren ein Herz und eine Seele, streiften gemeinsam auf dem umzäunten Wald- und Wiesengrundstück umher, wobei Otto wie selbstverständlich die Rolle eines „Wachpostens“ übernahm und seine gefederte Freundin gewissenhaft vor Fuchs und kreisendem Habicht bewahrte.

Spätestens zur Mittagszeit fanden die beiden sich dann aber einmütig am Wohnhaus ein. Goh-Goh war meist die Vorhut und flatterte ungeniert auf die Fensterbank und linste mit schräg gehaltenem Kopf durchs Küchenfenster, wo sie, nicht zu unrecht, Leckerbissen auch für sich vermutete. Otto, hier etwas im Nachteil, musste auf dem Boden ausharren und sich mit den Gerüchen begnügen, die ihm aus der Küche in die Nase stiegen.

Essen, wer könnte das nicht nachempfinden, war die große Leidenschaft der beiden! Bei den Mahlzeiten kam gelegentlich dann auch ein wenig „Stress“ auf, da Goh-Goh das Aufpicken ihres Körnerfutters meist zurückstellte, weil sie bessere Köstlichkeiten in Otto’s Futternapf vermutete. Sie sah offenbar instinktiv ihre Vegetarier-Ration im eigenen Teller vor Otto als sicher an und labte sich zuerst an den Leckereien in Otto’s Futternapf, bevor sie als „Nachspeise“, zu ihrer Körnermahlzeit überging.

Otto rannte dann in der Anfangszeit winselnd, aufgeregt Schwanz wedelnd und Hilfe suchend zu Frauchen, um sich über diese ungeheuerliche Ungerechtigkeit zu beklagen! Später knurrte der gutmütige Otto nur noch unwillig, schlang sein Essen noch hastiger hinunter, nahm Goh-Goh diesen „Mundraub“ ansonsten aber nicht übel.

Diese Idylle dauerte etwa ein Jahr. Dann begannen ihr offensichtlich Gelenke und Knochen wehzutun. Die Diagnose der Tierärztin, von der sie sich geduldig untersuchen ließ, lautete: eine Art Osteoporose (Knochenschwund). Zu viele Eier hatte Goh-Goh im Laufe des Lebens gelegt, selbst als sie zu uns kam, damals schon eine „Hennen-Oma“, immer noch zwei bis drei Eier in der Woche.

Die letzten Monate wollte sie dann kaum noch ihre Unterkunft verlassen und wir mussten sie nach draußen in die Sonne, auf ihre so sehr geliebte Wiese tragen. Dort pickte sie dann im Liegen noch etwas im Gras, oder nahm mit steifen Gliedern ein Sandbad in Mulden, die Otto auf der Jagd nach Mäusen gebuddelt hatte. Mit 14 Jahren ist Goh-Goh dann still im Stall auf ihrem Nest sitzend eingeschlafen. Otto hatte eine liebe Freundin verloren. Aber nicht nur ihn – uns alle hatte ein liebenswertes Familienmitglied verlassen.

Zu dieser Geschichte ist nur nachzutragen, dass Otto, im Alter von 17 Jahren Goh-Goh nachgefolgt ist – dorthin wo wir alle hingehen und wo für Mensch und Tier gleichermaßen Frieden herrscht.

Ulrich Dittmann / 16.03.2017

2 Kommentare zu “Hund „Otto“ und Huhn „Goh-Goh“

  1. Es ist immer wieder rührend von Tierrettern zu lesen, wie der Mutter von Herrn Dittmann. Von den jährlich vielen Millionen ausgedienten Legehennen kann „Rettet das Huhn“ nur wenige vor dem Schlachthaus retten. Aber auch wenn es nur ganz wenige sind die noch einige Zeit ein artgerechtes Leben führen können, so sollte man dies nicht gering schätzen, denn jedes einzelne Huhn verdient es nach einem grauenvollen Leben im Tier-KZ das restliche Leben artgerecht zu verbringen.

    Meine Hühner aus Qualhaltung lebten leider oft nicht so lange wie das Huhn Goh-Goh, da sie immer wieder Opfer des Fuchses geworden sind. Aber, dennoch durften sie in der Zeit nach ihrer Befreiung ein Leben in Freiheit führen und zur Freiheit gehören nun auch mal Gefahren, wie eben vom Fuchs geholt zu werden.

    Es war immer eine große Freude die Hühner zu sehen, wie sie schon nach kurzer Zeit ganz anders aussahen, wie sie den Garten erkundeten, die Sonne, den Sand, das Gras genossen. Statt gegen Autos, CO2 und Kohle anzugehen, sollte die FFF-Jugend lieber mal sich Videos mit den Zuständen in den Hühner-KZ´s anschauen und dagegen demonstrieren. Dieses Pack kennt meinen Blog, das habe ich mitbekommen, nicht einmal wurde der Wunsch geäußert mal die Haltung meiner Hühner anszusehen, sich mit mir zu unterhalten über Qualhühner etc., interessiert diese Bagage nicht, wie ich in einem persönlichen Gespräch mit 2 Mädchen von FFF zu hören bekam. Inzwischen spreche ich nicht mehr mit denen, da zwecklos. Stattdessen sind sie empört wenn man ihren Irrwegen keinen Beifall zollt.

    Aus der Fülle meiner Hühner-Blogbeiträge nur mal diese zwei Blogbeiträge über das Huhn Karla:

    http://barrynoa.blogspot.com/2015/06/karla-das-schlachthuhn.html

    http://barrynoa.blogspot.com/2015/07/nach-3-wochen-in-freiheit-karla-das.html

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