Die Würde des Menschen ist unantastbar. Artikel 1, Abs. 1 des deutschen Grundgesetzes. Es überrascht immer wieder, auch wenn es das nicht sollte, wie wenig all die menschgemachten Gesetze einen Großteil der Bevölkerung dieses Planeten miteinbeziehen. Oft wird für die Tiere erst dann etwas getan, wenn es ans Eingemachte geht. Wie beispielsweise beim weltweiten Bienensterben, das wir Monsanto und Co. zu verdanken haben. Die Aufmerksamkeit ist groß ohne Bienen keine Nahrung. Wären die Bienen ausschließlich sogenannte Nutztiere, wegen ihres Honigs und nicht auch lebensspendend wer weiß, ob ihr Sterben dem Menschen so einen Schrecken einjagen würde.
Dieses Beispiel zeigt, wie sehr Tiere das Gleichgewicht der Natur halten, ein Gleichgewicht, welches der Mensch in bereits erschreckendem Ausmaß zerstört hat. Und es beweist, wie absurd und armselig die Argumente der Jäger sind, dass sie Wild und Füchse töten müssten, weil der Wald sonst zugrunde gehen würde das Gegenteil ist der Fall. Es herrscht Krieg in den Wäldern, überall nicht nur unter den Menschen. Der Mensch führt auch Krieg gegen die Tiere. Dieser Frieden, der so herbeigesehnt wird, kann erst entstehen, wenn jegliches Blutvergießen ein Ende gefunden hat.
In seiner berühmten Rede „I have a dream“ vom 28. August 1963 sagte Martin Luther King u.a.: Wir können nicht zufriedengestellt sein, solange unsere Kinder ihrer Freiheit und Würde beraubt werden. Die Forderungen von King für die Rechte seiner dunkelhäutigen Brüder und Schwestern waren bedingungslos. Die Forderungen der Tierrechtsbewegung sind es ebenso, müssen es sein, auch wenn es ein langer Weg in eine Welt ist, in der Tiere nicht mehr wie die Sklaven von einst behandelt werden, weil sie der Mensch als minderwertig ansieht ähnlich wie zu jener Zeit, als Martin Luther King für eine Welt der Brüderlichkeit unter den Menschen kämpfte. Wir können nicht zufrieden sein, solange unseren kleinen Brüdern und Schwestern, den Tieren, so unendlich viel Leid angetan wird. Wir dürfen nicht zufrieden sein und aufgeben, bis das Recht auf ein Leben in Freiheit und Würde für alle gleichermaßen gilt.
Aber wie weit sind Massentierhaltung, das milliardenfache Schreddern von neugeborenen Küken, die Ausbeutung in der Milchindustrie, Schlachthäuser, die Pelzindustrie, Tiere in Zirkussen oder die Überfischung der Meere von jeglicher Achtung gegenüber fühlenden Lebewesen entfernt, die der Mensch zu sogenannten Nutztieren degradiert hat und die er nach Belieben ausbeutet. Die tierverachtende Haltung des Menschen bedeutet modernes Sklaventum und entbehrt jedweder Ethik und jeglicher Vernunft. Massentierhaltung ist gleichzusetzen mit Misshandlung und eine der größten ökologischen Bedrohungen für diesen Planeten.
Ein Großteil der Menschheit hat über Jahrtausende hinweg Fleisch gegessen. Das ist richtig, aber kein Argument dafür, dass es so bleiben muss. Jahrtausendelang hat die anthropozentrische Herrschaft diese Welt regiert. Es ist Zeit, sich davon zu verabschieden und ein neues und ganzheitliches Denken und Handeln entstehen zu lassen. Der Mensch entwickelt sich beständig weiter, erkennt Zusammenhänge und Wahrheiten. Und er rühmt sich gerne all seiner Errungenschaften und Fortschritte und auch seines moralischen Fortschritts. Was wir dringend brauchen, ist ein Fortschritt in der Empathie, wir brauchen eine Grenzenlosigkeit des Mitgefühls. Es sind die Grenzen und Begrenzungen in unseren Köpfen, die Leid verursachen oder es nicht sehen wollen. Sie sind es, die fallen müssen, denn es ist ein Irrglaube, dass uns das Leid anderer nichts anginge, ob es die verzweifelten Flüchtlinge sind oder die verzweifelten Tiere, welche in ihren Tod transportiert werden. Alles ist mit allem verbunden.
Wir kommen als Fühlende auf diese Erde. Als Kinder sehen wir sie tatsächlich fühlend, bevor wir in die Welt der Begrifflichkeiten und Namen eintauchen und von Konditionierungen geprägt werden. Wir freuen uns mit Begeisterung über die unendliche Vielfalt der Erde mit ihren Ausdrucksformen und all ihren Lebewesen wir sind Erdlinge. Unsere Liebe kennt noch keine speziesistischen Grenzen und wir sind unbefangen der Regenwurm, der fleißig die Erde umgräbt, fasziniert uns genauso wie die behäbigen Kühe auf der Wiese. Doch irgendwann und irgendwie, während wir heranwachsen und unsere Erfahrungen machen, verlernen wir manchmal, fühlend zu sehen; wir übernehmen die Denkmuster und Einstellungen unserer Eltern und der Gesellschaft und allzu oft hinterfragen wir diese nicht.
Wenn wir es als Menschen schaffen, Vernunft und Empathie in gleichem Maße zu leben, dann können wir eine Welt erschaffen, die für alle Bewohner dieser Erde lebenswert ist. Was wir brauchen, ist eine allumfassende Ethik und ein ganzheitliches Bewusstsein. Friedrich von Schiller schrieb über den Begriff der Würde: Würde bezeichnet auch den Ausdruck einer erhabenen Gesinnung.
Geben wir den Tieren, unseren kleinen Brüdern und Schwestern, ihre verlorene Würde zurück. Indem wir sie würdelos behandeln, geht auch ein großes Stück unserer menschlichen Würde verloren.
© Daniela Böhm 2015
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